Logo Dynaprog AG

Operations Research in der Produktionsplanung

Bei zunehmend komplexeren Produktionsabläufen entstehen Wettbewerbsvorteile oft durch bessere Prozesse und optimierten Entscheidungen. Operations Research (OR) hilft Unternehmen dabei, die bestmöglichen Entscheidungen zu treffen und Abläufe zu optimieren und damit Ziele zu erreichen. Auch bei komplexen Fragen, wie:

  • „Wie kann ich meinen Durchsatz steigern und gleichzeitig eine möglichst hohe Lieferqualität und Mitarbeiterzufriedenheit erreichen?“
  • „Wie viele Rohstoffe und halbfertige Produkte sollte ich produzieren und lagern, um Lagerkosten zu senken, ohne Flexibilität zu verlieren?“

Nicht umsonst bezeichnet das Institute for Operations Research and the Management Sciences (INFORMS) Operations Research als „The Science of Better“. In folgendem Artikel zeigen wir Ihnen, was es mit Operations Research auf sich hat und wie Sie als Produktionsunternehmen von seinem Einsatz profitieren.

Was ist Operations Research?

Operations Research (OR) sind analytische Methoden, um komplexe Probleme zu lösen und Entscheidungen effizient zu treffen. In einem wissenschaftlichen Prozess werden Daten in Erkenntnisse verwandelt, mit denen Unternehmen bessere Entscheidungen treffen. Dabei werden verschiedene Faktoren, wie Kosten, Ressourcen, Nachfrage, Ziele oder Einschränkungen berücksichtigt. Zum Lösen der komplexen Probleme kommen in der Produktionsplanung vor allem folgende Technologien zum Einsatz:

Mathematische Programmierung

Ist ein Teilbereich der angewandten Mathematik, der mithilfe von mathematischen Gleichungen Probleme beschreibt und Parameter so bestimmt, dass die gewünschte Zielfunktion maximiert wird. Mathematische Programmierung legt für das Problem genaue Voraussetzungen fest. Anschließend wird mit geeigneten Algorithmen eine möglichst optimale Lösung berechnet, die diese Voraussetzungen erfüllt.

Constraint Programming

Ist aus der logischen Programmierung entstanden. Bei dieser Technologie werden Zusammenhänge und Restriktionen eines Modells mit logischen und arithmetischen Mitteln beschrieben. Zur Lösung werden unter anderem Algorithmen eingesetzt, die in der großen Menge geeignete Lösungen suchen. Ziel ist es, schnell unbrauchbare Lösungen zu eliminieren. Constraint Programming setzt dabei keine Voraussetzungen an den Lösungsraum.

Simulation

Es werden verschiedene Szenarien erstellt und getestet. So wird der beste Ansatz gefunden, bevor er im Unternehmen implementiert wird.

Ist das künstliche Intelligenz?

Die Idee des Operation Research stammt bereits aus dem Zweiten Weltkrieg. Sie wurde zum Beispiel eingesetzt, um die besten Standorte für Radarstationen zu finden. Die Einsatzmöglichkeiten gehen jedoch weit über militärische Fragen hinaus. In Produktionsunternehmen wird OR zum Beispiel für die Optimierung des Lagerbestands oder die Ablauf- oder Routenplanung eingesetzt.

In der Praxis wird Operations Research häufig mit Künstlicher Intelligenz oder Analytics gleichgesetzt. Es gibt jedoch entscheidende Unterschiede. OR bezeichnet den wissenschaftlichen Prozess, um mithilfe von Daten bessere Entscheidungen zu treffen. (Prescriptive) Analytics ist ein Teilgebiet von OR, indem es um die Anwendung von wissenschaftlichen, analytisch-mathematischen Methoden geht, um komplexe Probleme zu lösen.

Die Abbildung unten verdeutlicht diese Unterscheidung:

  • Descriptive Analytics: Stellt die Frage „Was ist passiert?“ Mit einer Kombination aus analytischen Denken, Bauchgefühl und einigen Tabellenkalkulationen lässt sich die Frage in der Regel beantworten.
  • Diagnostic Analytics (auch Business Intelligence genannt): Beantwortet die Frage, warum etwas passiert ist. Hier setzen viele ERP-Systeme an. Sie decken zum Beispiel durch Data-Mining Zusammenhänge auf.
  • Predictive Analytics: Wird häufig als Einsatz von „Künstlicher Intelligenz“ kommuniziert. Mit Daten aus der Vergangenheit werden Prognosen für die Zukunft erstellt.
  • Prescriptive Analytics: An diesem Punkt kommt Operations Research ins Spiel, um die Frage zu beantworten: „Was müssen wir tun, damit wir X erreichen?“
Analytics lässt sich in 4 Bereiche einteilen (Descriptive Analytics, Diagnostic Analytics, Predictive Analytics, Prescriptive Analytics)

Operations Research gehört zum Bereich Prescriptive Analytics und beantwortet die Frage „Wie können wir es erreichen?“

Welche Probleme können Produktionsunternehmen mit OR lösen?

Probleme, die sich mit Operations Research lösen lassen, sind nicht auf einen speziellen Bereich begrenzt. In der Produktionsplanung wird OR unter anderem für folgende Bereiche eingesetzt:

  • Lineare Optimierungsprobleme: Ist der Hauptbereich im Operations Research und beschäftigt sich beispielsweise damit, die Kapazitätsauslastung zu optimieren.
  • Wartezeitprobleme: Wartezeiten an Engpässen einschränken ist ebenfalls ein häufiges Problem der Produktionsplanung. Mit OR werden Stillstandszeiten optimiert.
  • Reihenfolgeprobleme: Eine große Anzahl von Aufgaben mit limitierten Ressourcen zu erledigen, kann schnell zu einer unüberschaubaren Aufgabe werden. Mit OR finden Unternehmen die beste Reihenfolge für ihre Aufgaben.
Einsatzbereiche Beispiele
Strategisch
  • Produktionsprogrammplanung
  • Materialbedarfsplanung
  • Lagerbestandsoptimierung
  • Ressourcenplanung
  • Produktionsauftragsplanung
  • Welcher Produktmix ist für mich ideal?
  • Sollten wir ein neues Werk oder Logistiklager eröffnen und wenn ja, wie sollte es dimensioniert werden und wo steht es?
  • Wie schnell rentiert sich eine neue Maschine oder Fertigungslinie?
  • Wie viele Ressourcen benötigen wir überhaupt?
  • Wie viele Rohstoffe und halbfertige Produkte sollten wir auf Lager vorhalten?
  • Wie lassen sich Stillstandszeiten reduzieren?
  • Wieviel sollte ich auf Lager produzieren, um meine Kapitalbindung minimal zu halten aber größtmögliche Flexibilität zu erhalten?
Operativ
  • Losgröße und Kapazität
  • Ablaufplanung
  • Personaleinsatzplanung
  • Reihenfolgeplanung
  • Intervention
  • Planund von Wartung und Instandhaltung
  • Wie viel sollten wir diese Woche produzieren?
  • Wie optimiere ich meine Kapazitätsauslastung?
  • Wie viele Schichten sollten wir einplanen?
  • Was sollte ich wann, in welcher Reihenfolge auf welcher Maschine fertigen, um meine Ziele zu erreichen?
  • Auf welchen Maschinen sollte ich meine Aufträge fertigen und wie setze ich meine Fachkräfte am besten ein?
  • Eine Maschine fällt kurzfristig aus, wie erhalte ich schnell eine aktualisierte Planung?

Sowohl in der strategischen als auch operativen Produktionsplanung lassen sich komplexe Probleme mit OR lösen.

Vom Problem zur optimalen Lösung

Probleme, die mit OR gelöst werden, wirken auf den ersten Blick sehr unterschiedlich. Sie verfolgen jedoch alle das gleiche Ziel: Optimierte Entscheidungen treffen, damit ein Problem mit größtmöglicher Effizienz gelöst wird. Der Weg zur bestmöglichen Lösung wird unabhängig vom Problem in fünf Schritte unterteilt:

Die fünf Schritte des Operations Research Prozess (Identifizieren, Modellieren, Programmieren, Lösen/Optimieren, Implementieren) Die fünf Schritte des Operations Research Prozess (Identifizieren, Modellieren, Programmieren, Lösen/Optimieren, Implementieren)

Auf dem Weg zur bestmöglichen Lösungen werden beim Operations Research Prozess fünf Schritte durchlaufen.

  • Identifizieren: Das Identifizieren eines Business Problems steht am Anfang des Prozesses. Unternehmen müssen erkennen, dass überhaupt ein komplexes Problem besteht. Es lässt sich mit herkömmlichen Methoden nicht oder nicht zufriedenstellend lösen.
  • Modellieren: Als Nächstes wird das Problem in einer mathematischen Form beschrieben. Es ist der realen Welt und seinen Variablen nachempfunden und berücksichtigt alle vorhandenen Einflussgrößen.
  • Programmieren: In diesem Schritt wird aus der formalen Beschreibung ein Modell am Rechner entwickelt. Das Modell wird genutzt, um verschiedene Lösungen für das Problem abzuleiten.
  • Lösen und Optimieren: Zum Lösen bzw. Optimieren des Modells kommen geeignete Algorithmen zum Einsatz. Für jede gefundene Lösung wird mithilfe des Models geprüft, wie gut sie funktioniert.
  • Implementieren: Die beste Lösung wird im Unternehmen zur Optimierung bzw. Lösung des Problems eingesetzt.

Bei diesem Prozess durchläuft das Problem unterschiedliche Abstraktionslevel.

Die vier Abstraktionslevel des Operations Research Prozess (reale Probleme, generische Probleme, Modellierungs-Paradigmen, Algorithmen) Die vier Abstraktionslevel des Operations Research Prozess (reale Probleme, generische Probleme, Modellierungs-Paradigmen, Algorithmen)

Bis zur optimalen Lösung durchläuft das Problem vier Abstraktionslevel.

  • Reale Probleme: Ein Produktionsunternehmen stößt auf ein komplexes Problem in seinen Produktionsprozessen. Der Produktionsleiter kann das Problem und seine Herausforderungen erklären.
  • Generische Probleme: Die meisten Probleme lassen sich einer bestimmten Kategorie zuordnen. Das Problem wird zunächst klassifiziert, z. B. als Job-Shop Problem. In einem zweiten Schritt wird das klassifizierte Problem in ein Generisches übertragen, in diesem Fall zum Beispiel als Rucksackproblem. Hieraus lassen sich Rückschlüsse ziehen, welche standardisierten Lösungsansätze geeignet sind. In der Praxis und aus Erfahrung wird dies bereits nach der Klassifizierung klar.
  • Modellierungs-Paradigma: Anschließend wird eine OR-Methode gewählt, mit der sich das Problem lösen lässt. Grundsätzlich gibt es immer mehrere Ansätze, die zu einer Lösung führen. Die Entscheidung ist daher abhängig vom jeweiligen Anforderungen (z. B. an Lösung oder Rechenzeit), dem Unternehmen und seinen Besonderheiten, die bei der Entstehung des mathematischen Modells berücksichtigt werden.
  • Algorithmus: Im letzten Schritt wird ein geeigneter Algorithmus zum Lösen des Problems gewählt. Viele Probleme in der Produktionsplanung zählen zu den NP-vollständigen Problemen. Das heißt, die Probleme sind aufgrund ihrer Komplexität nur mit einer sehr hohen Rechenzeit lösbar. Oft gibt es mehr mögliche Lösungen als Atome im Universum. Daher ist es wichtig, schnell zwischen guten und schlechten Lösungen zu unterscheiden. In der Praxis besteht oft ein Konflikt zwischen Rechenzeit und Qualität des Ergebnis.

Ist OR für mein Produktionsunternehmen geeignet?

Operations Research ist aufgrund seiner vielfältigen Einsatzmöglichkeiten für Produktionsunternehmen geeignet, die vor komplexen Herausforderung stehen. Weder die Branche noch die Strukturen der Produktionsabläufe spielen eine Rolle. Vor allem für Unternehmen, denen folgende Eigenschaften wichtig sind, lohnt es sich, genauer mit Operations Research zu beschäftigen.

  • Ein dezentraler Einsatz ist möglich: OR lässt sich auf jedes Produktionsunternehmen individuell abstimmen. Statt „One Size Fits All“ ermöglicht OR eine exakte Abstimmung auf Ihre Produktionsprozesse.
  • Hohe wirtschaftliche Effekte: Mit dieser Technologie lassen sich hohe wirtschaftliche Effekte erzielen. Das volle Potenzial ist in der Regel nur mit OR abrufbar.
  • Bestehende Prozesse werden nicht verändert: Die Prozesse im Unternehmen bleiben zu 100 Prozent bestehen. Das Einzige, was sich ändert, ist Ihr täglicher Planungsprozess. Das übernimmt nun OR für Sie.
  • Konkurrierende Ziele werden berücksichtigt: OR optimiert nicht nur anhand einer Zielgröße, sondern lässt verschiedene konkurrierende Ziele einfließen. Dazu gehören auch komplexe Szenarien, wie z. B. „mehr Durchsatz erzielen sowie gleichzeitig Lieferqualität und Mitarbeiterzufriedenheit erhöhen“.
  • Keine weitere Software notwendig: Die mathematischen Modelle des OR-Ansatzes, basieren auf Daten, die bereits im Unternehmen vorhanden sind. Die Algorithmen können so diskret im Hintergrund arbeiten. Die Ergebnisse werden anschließend im ERP-System bereitgestellt oder können direkt am Shopfloor implementiert werden.

Alternativen zu OR

Natürlich ist OR nicht die einzige Möglichkeit, um Ihre Produktionsplanung zu optimieren. So gibt es beispielsweise eine große Auswahl an PPS- und APS-Tools, die Produktionsplaner bei der gesamten Planung, Umsetzung und Überwachung der Produktionsprozesse unterstützen. Allerdings ist die Einführung oder die Umstellung solcher Systeme häufig mit hohen Kosten und Aufwand verbunden. Hinzukommt, dass Tools nicht zielorientiert sind. Sie unterstützen den Planungsprozess, legen jedoch keinen Fokus auf den wirtschaftlichen Nutzen und dem Identifizieren von Optimierungen.

Eine weitere Option ist es, dass Sie sich Unterstützung durch einen Berater holen, der Ihnen mit Management-Techniken zeigt, wie Sie Produktion effizienter gestalten. Was in der Theorie sinnvoll klingt, lässt sich in der Praxis meistens nur mühsam umsetzen. Beratungsansätze greifen stark in die vorhandenen (Produktions-)Prozesse ein, ohne dass der Effekt im Vorfeld klar definiert ist. Zusätzlich ist eine Schulung der verantwortlichen Mitarbeiter notwendig und ein Commitment, die neuen Techniken einzusetzen.

Personal einstellen oder neue Maschinen kaufen, ist eine weitere Option. Natürlich führen beiden Optionen dazu, dass Sie mehr Produkte produzieren und Engpässe kompensieren. Allerdings ist der Ansatz auch der Teuerste, da Investitionen oder Mehrkosten entstehen. Komplexe Problem, die im Unternehmen bestehen, werden damit nicht gelöst.

OR als wirkungsvolles Methode in der Produktionsplanung

Als Fazit lässt sich festhalten, dass OR einen analytisch-wissenschaftlichen Ansatz darstellt, um komplexe Entscheidungsprobleme zu lösen, der sich individuell auf jedes Unternehmen anwenden lässt. Daher sollte er bei der Auswahl der passenden Optimierungsmethoden stets berücksichtigt und gegen herkömmliche Optimierungsansätze abgewogen werden.

Wir helfen Ihnen gerne dabei, den passenden Ansatz zu finden und Ihre Produktionsplanung mit Technologie zu optimieren.

Operations Research für Ihre Produktion?

Erzählen Sie uns über Ihr Projekt.

Jetzt Kontakt aufnehmen